Nach … wo? Litzldorf ist ein kleiner Ort im Oberbayrischen Voralpenland in der Nähe von Miesbach – und ich bin natürlich der Wolle wegen dorthin gefahren, genauer gesagt: wegen der „Wendelstein Schafwolle“ der Schafwollspinnerei Höfer. Ich war schon länger auf der Suche nach einem Garn für eine robuste Jacke für draußen, für Stall, Garten, Wind und Wetter – nur das passende Trachtengarn hatte ich noch nicht gefunden …Das Garn sollte genau richtig sein für die hier so typischen kraus rechts gestrickten, warmen und dichten Janker. Zufällig bin ich auf die Wendelstein Schafwolle aufmerksam geworden – und nachdem ich auf der Website gelesen hatte, daß Führungen durch den Betrieb möglich sind war klar: da fahre ich hin!
Eine Trachtenjacke mit einem Garn zu stricken, das ebenfalls aus der Region stammt, hat einen besonderen Reiz. Das Garn passt perfekt zu Stil und Zweck der Jacke, und man unterstützt auch noch die lokalen Schafzüchter, die wiederum gerade in der Alpenregion einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege leisten. Bei den Strickgarnen der großen internationalen Garnproduzenten kann man in der Regel nur vermuten, woher die Rohstoffe stammen – Merinowolle wird oft aus Australien oder Südamerika importiert – während hier viele Schafhalter keine Abnehmer für ihre Rohwolle finden. Ich will natürlich nicht sagen, dass man nur Garn aus lokaler Produktion verwenden sollte (spätestens bei Baumwolle würde das ziemlich schwierig werden …) aber ich bin sehr dafür, wo immer es möglich ist, Schafzüchter und Hersteller in der Region zu unterstützen.
Solche wie die Schafwollspinnerei Höfer, zum Beispiel, die in ihrer Spinnerei jedes Jahr 30 Tonnen Rohwolle von Merino- und Bergschafen aus Bayen zu Strickgarn, Filzwolle, Bettwaren und Teppichen verarbeitet. Matthias Höfer war so nett, sich bei meinem Besuch Zeit für eine ausführliche Führung zu nehmen und mir die Abläufe im Betrieb zu erklären. Bevor die Wolle in Litzldorf zu Garn gesponnen werden kann, muss sie allerdings erst einmal gewaschen werden, was eine Firma in Belgien übernimmt. Dann wird die Wolle in der erst maschinell aufgelockert und dann beginnt die Vorbereitung für den Spinnprozess. Samstags standen die Maschinen natürlich still, was aber den Vorteil hatte, dass ich ganz dicht herangehen konnte, um Fotos zu machen. Hier sieht man, wie ein feiner, gleichmäßiger Wollflor in einzelne kleine Stränge, das Vorgarn, aufgeteilt wird.
Dieses Vorgarn wird dann in einer weiteren Maschine zu Garn versponnen und im nächsten Schritt zu zwei- oder dreifädigem Strickgarn verzwirnt. Garne, die gefärbt werden sollen, werden nach dem Spinnprozess in einer GOTS-zertifizierten Färberei in Österreich weiterverarbeitet. Für meine Jacke habe ich graues, ungefärbtes Garn ausgesucht, aber habe schon beschlossen, dass ich für den nächsten Winter unbedingt ein Pulloverkleid aus diesem ganz besonders schönen dunkelrot brauche. Und eine Mütze in himbeerrot und dunkelblau. Oder doch lieber graublau und sonnengelb? Ok, das entscheide ich, wenn ich 800 Gramm graue Wolle zu einer Jacke verstrickt habe …
In Litzldorf werden nicht nur Strickgarne aus Merinogarn produziert, sondern auch dicke, robuste Garne aus Bergschaf-Wolle, aus denen Teppiche gewebt werden. Diese Spinn-Apparate werden von Hand bedient, und auch die Teppiche werden auf großen Webstühlen ebenfalls per Hand hergestellt. Im Laden in Litzldorf gibt es neben den Strickgarnen wunderbare handgestrickte Janker, Pullover und Tücher und natürlich die Teppiche, und vor allem auch jede Menge kundige Tipps zum Thema Stricken.
Wieder zuhause habe ich natürlich gleich ausprobiert, wie sich die Wolle verstricken lässt. Für die Maschenprobe in kraus rechts habe ich Nadeln Nr. 3 verwendet, also deutlich dünnere als ich sie sonst für ein Garn mit 225m Lauflänge auf 100 g verwenden würde. Das ist ein bisschen anstrengender zu stricken, aber es lohnt sich: das kraus-rechts-Gestrick wird wunderbar dicht, fest, und griffig, wie es für eine warme Jacke sein soll. Nach dem Waschen plustert es sich ein wenig auf und wird flauschiger, bleibt aber stabil und fest. Wenn man das Garn mit Nadelstärke 4,5 und glatt rechts verstrickt, entsteht ein leichteres, weicher fallendes aber immer noch dichtes Gestrick, dass ich mir gut für Pullover und ähnliches vorstellen kann.
Meinen Kapuzenjanker habe ich inzwischen begonnen, das Rückenteil ist fast fertig. Kraus rechts und mit dünnen Nadeln dauert es schon seine Zeit … Die Jacke soll, im Gegensatz zu den gerade geschnittenen Männer-Jankern, leicht tailliert sein, eine Kapuze und einen Reißverschluss bekommen. Ich kann es kaum erwarten 🙂
Das hört sich ja toll interessant an! Da fahre ich auch mal hin 🙂
Bin jetzt erst einmal verwirrt. Ich interessiere mich für die Anleitung Wartaweil und möchte die Wendelstein Wolle verwenden, da sie sich ja bewährt hat. Woher bekomme ich die Wolle, welche Farben gibt es? Auf Ihrer Website finde ich sie nicht….
Liebe Birgit, entschuldige die Verwirrung! Die Wolle gab es bis vor kurzem bei mir zu kaufen, im Moment sind aber nur die Anleitungen erhältlich (hier unter „Strickanleitungen“). Im Moment kann ich für die Garn-Bestellung auf zwei Ladengeschäfte und Online-Shops in München verweisen (Rauwerk und Mercerie, die Links findest Du in diesem Blog-Post im vorletzten Absatz). Beide Geschäfte haben nicht alle Farben vorrätig, einen Überblick über alle Farben findest Du hier auf der Website des Herstellers. Ich hatte alle Farben lieferbar und habe noch Reste hier, wenn Du eine bestimmte Farbe suchst, frag gerne nochmal nach. Ich suche gerade nach einer Kooperationspartnerin für den Wollversand, um wieder Anleitungen und Wolle anbieten zu können. Wenn ich jemand gefunden habe, gibt es die Info natürlich gleich hier im Blog. Ich hoffe, diese Infos helfen weiter! Liebe Grüße, Andrea
Liebe Andrea!
Nun ist es schon lange her,daß ich dein Modell Aidenried gestrickt habe.
Leider ist das Strickstück noch unvollendet,da ich damals keine Kapuze anstricken wollte. Mein Kragen gefällt mir allerdings gar nicht,so daß ich total begeistert war, deine neue Variant,,Wartaweil“ entdeckt zu haben.Du hast einen Rabatt-Code angeboten,um den ich dich gerne bitten würde. In der Hoffnung meine,,Unvollendete“ nun endlich doch bald anzuziehen, sage ich vielen Dank!
Mit herzlichen Grüßen an den Ammersee.
Brigitte
Liebe Brigitte,
das freut mich, dass Dir der „Wartaweil“ – Kragen gefällt 🙂 Für „Aidenried“ – Strickerinnen gibt es die neue Anleitung nach wie vor mit Rabatt (für 3,90 €). Ich melde mich direkt per E-Mail bei Dir wegen der Abwicklung. Liebe Grüße & weiterhin viel Spaß beim Stricken!